Mittwoch, 16. Januar 2013

Erste Versuche als Strickerin


Heute strickt alles, was Rang und Namen hat. Ich mit meinem Rang (Haushälterin, Werklerin, Schreiberin und Hühnerhirtin) und meinem Sternen-Namen will da natürlich nicht hinter her hinken.
Das tu' ich zwar eh, denn das Stricken erlebt ja schon seit einiger Zeit eine Renaissance. Nicht so richtig geplant habe ich damit angefangen, ich hätte mir die Strickerei schlicht nicht zugetraut - Erinnerungen an das Fröilein Kummer mit seinen tiefen Stirnfalten beim Anblick meiner Lismete und das tiefe Seufzen, gepaart mit einem Zeitlupen-Kopfschütteln, sitzen tief. Aber eben: Die Schweizer Landliebe, das anmächelige Heftli über das Landleben, das enthält auch Strickmuster. Ganz einfach sah sie aus, die Jacke, ansonsten wäre es mir auch nicht in den Sinn gekommen, dieses Teil stricken zu wollen. Anfangs sah meine Lismete auch nicht sehr verheissungsvoll aus, ziemlich unförmig. Es ist gar nicht so einfach, regelmässig zu stricken und die Strickanleitung auch richtig zu lesen, geschweige denn zu verstehen. 


In der Zwischenzeit habe ich von den anfänglichen 20 Chlungele nur noch eine. Meine Jacke, die eindeutig ein Mantel geworden ist - die cheibe Strickaaleitig, die schtimmt haut nid würklech - lege ich am liebsten wie eine beschauliche Hügelkette auf unser Sofa. So sieht der Mantel nämlich am Schönsten aus und vor allem irgendwie eindrücklich: Wasss? Dä Bärg hani tatsächlech glismet? 


Ich habe schon auch ein bisschen geschnurpft, aber das gehört dazu. Es sind immerhin 30 Jahre her - ja, das kann man halt mit bald 45 so schreiben - seitdem ich meine letzte Lismete in Händen hielt - und diese dem Fröilein Kummer zeigen musste. Jetzt gibt es kein Fröilein Kummer mehr, dafür viel Chai, denn der ist wichtig beim Lismen.


Der fördert den Durchhaltewillen (Gring ache u lisme), die Zuversicht (momou, das git scho öppis druus) und die Freude (bei 17 Grad in der Stube tut einem so eine riesige Lismete erfreulich gut wärmen).

Zeigen tu' ich dann meinen Mantel zu einem etwas späteren Zeitpunkt. Wenn ich mich mit meiner Schnurpferei versöhnt und ihn lieb gewonnen habe - ich liebe nämlich (fast) alles, das warm gibt.

Dienstag, 15. Januar 2013

Vom Loslassen

Immer ist das, was geschieht,
das Beste, das geschehen kann.
Byron Katie

Eine provokative Aussage. Sie fordert mich auf, meine Vorstellungen, wie etwas sein sollte, auf den Kopf zu stellen - oder besser noch: ganz los zu lassen.

Der folgende Text ist von Reverend Safire Rose,
frei übersetzt von mir:


Sie lässt los.
Ohne ein Gedanke oder ein Wort. 
Sie lässt die Angst. Sie lässt das Urteilen. Sie lässt die unzähligen Meinungen in und um ihren Kopf. Sie lässt die Unentschlossenheit in sich. Sie lässt all die "richtigen und wichtigen" Gründe. Sie lässt los, voll und ganz, ohne Zögern und Sorge.

Sie fragt niemanden um Rat. Sie liest nicht in den heiligen Schriften, nimmt kein Buch zur Hand, das ihr erklärt, wie man loslässt. Sie lässt einfach los. Sie lässt die Erinnerungen, die sie immer wieder ausbremsen. Sie lässt die Angst, die sie im Vorwärtsgehen zurückhält. Sie lässt das Planen und alle Berechnungen darüber, was wann zu tun richtig wäre.

Sie verspricht nicht, loszulassen. Sie führt nicht Buch darüber. Sie schreibt nichts auf dazu. Sie macht keine öffentliche Ankündigung. Sie checkt keinen Wetterbericht, wählt nicht bewusst Zeit und Stunde, liest kein Horoskop. Sie tut es einfach.

Sie analysiert nicht, ob sie loslassen will oder soll. Sie bespricht das Loslassen nicht mit ihren Freunden. Sie macht kein grossartiges spirituelles Ritual, sie spricht kein Gebet. Sie sagt kein Wort. Sie lässt einfach los.

Niemand ist da in dem Moment, in dem sie loslässt. Es gibt keinen Beifall, keine Glückwünsche. Niemand dankt ihr, niemand lobt sie. Niemand bemerkt etwas. Wie ein Blatt, das von einem Baum fällt, still und leise, lässt sie los.

Sonntag, 13. Januar 2013

Phantasievolle Geschichten - nüchterne Fragen



Ich bin, was ich über mich erzähle - unter diesem Titel ist in der NZZ am Sonntag ein lesenswerter Artikel erschienen. Dan McAdams sagt, dass wir unsere Identität erschaffen, indem wir Geschichten über uns erzählen. Diese Geschichten haben noch einen weiteren Sinn und zwar den, uns zu erlösen. Zum Beispiel von Erlebnissen, die wir nicht einordnen oder erklären können. Eine Geschichte hilft uns, Erlebtes zu verstehen. Vielleicht auch dabei, dem Erlebten etwas Positives abzugewinnen. Aber nicht nur um Unverständliches weben wir Geschichten, wir kreieren um alles eine Geschichte. Wir erklären uns damit, verknüpfen unser Leben zu einem Ganzen. Das gibt uns ein gutes Gefühl. Nämlich das, unser Leben im Griff zu haben und zu verstehen, wieso wir Dieses und Jenes erleben und tun.

Ob unsere Geschichten wahr sind, kann nichts und niemand beweisen. Das heisst, wenn ich jemandem erzähle, dass ich vor gut einem Jahr nach Krattigen gezügelt bin und jetzt in einem alten, einfachen Haus lebe, dann ist das eine Tatsache. Ich kann diese Tatsache ausschmücken, eben eine Geschichte drum rum spinnen, die sämtliche Wiesos und Weshalbs enthält. Wie viel dieses Erzählte, das ich neben der Tatsache gerne zum Besten gebe – reine Fakten können so langweilig und unspektakulär sein – mit der Realität zu tun hat, sei dahin gestellt. Damit will ich nicht sagen, dass ich das Blaue vom Himmel herunter lüge, nein. Ich erzähle in diesen Geschichten das, was ich für wahr halte, was auch meiner momentanen Sicht der Realität entspricht. Es kann aber ganz gut sein, dass ich ein Jahr später über diese eine Tatsache meines Lebens eine ganz andere Geschichte erzähle.

Für mich ist es wichtig, mir dessen bewusst zu sein. Weil ich eh immer wieder auf der Suche nach der Wahrheit bin. Was ist wirklich wahr? Wie vieles könnte ich einfach weglassen, weil es kaum etwas mit der Realität zu tun hat, sondern schlicht und einfach eine Idee oder Interpretation ist?

Ich bin überzeugt, dass das Leben an sich sehr einfach ist. Wir sind es, die es kompliziert, komplex oder phantasievoll, magisch, beeindruckend… machen. Das ist auch in Ordnung, denn das kann ja sehr beglückend sein. Aber es kann unser Leben eben auch schwerfällig und anstrengend machen. Deshalb finde ich es wichtig, mir meiner Geschichten bewusst zu sein und mir immer mal wieder die Frage zu stellen: Ist das, was ich da erzähle, wirklich wahr? Kann ich tatsächlich wissen, dass es wahr ist? Wenn ich diese Frage mit nein beantworten muss, dann heisst das für mich auch, dass ich diese eine Geschichte im Moment so erlebe und empfinde, dass die sich aber auch noch entwickeln und verändern kann. Sprich, ich bin mir bewusst, dass das, was ich heute erlebe und empfinde, für heute gilt – wer weiss, was Morgen sein wird? Das Blatt wird wieder schneeweiss sein – siehe Beitrag vom 12. Januar.

Samstag, 12. Januar 2013

Schneeweiss


Heute ist es wieder schneeweiss bei uns, herrlich! 
Gleich wird die Sonne über das Morgenberghorn klettern und dann blendet sie mich ins Gesicht, herrlich! Und im Moment ist es hier so ziemlich mucksmäuschenstill – auch herrlich!

Das Leben ist herrlich. Hier und jetzt. 
Schlage ich die Zeitung auf, lese ich die Nachrichten von nah und fern, frage ich mich, wie ich dazu komme, diesen Moment als herrlich und mein Leben, je länger je mehr, als sehr gut und wunderbar zu empfinden. 
Gleichzeitig stellt sich mir die Frage, was es der Welt und mir bringt, wenn ich mich hier gräme, wenn ich mich niederdrücken lasse von Nachrichten, die alles andere als friedlich und freudig sind. Es bringt niemandem etwas. Es sei denn, ich fühle mich aufgefordert, aufzustehen und für eine Sache einzustehen. In ein bestimmtes Land zu reisen, dort mit anzupacken, Hilfe zu leisten. Oder hier eine Spendenaktion zu lancieren oder… 

Wenn ich mich nicht aufgefordert fühle, so etwas zu tun, dann achte ich darauf, dass ich im Hier und Jetzt in Frieden lebe. Dass ich die Verantwortung für mein Leben übernehme und das tue, was mir auf dem Herzen liegt. Dass ich achtsam bin im Umgang mit mir und meinen Mitmenschen. Mehr kann ich nicht tun. Aber das kann ich tun und das ist mehr, als es auf den ersten Blick scheint. Wenn das jeder tut, wenn jeder den eigenen kleinen Krieg gegen sich und die eigene Welt aufgibt und anfängt, das zu lieben, was ist, dann sind wir dem Weltfrieden ein grosses Stück näher.

Schneeweiss liegt das Morgenberghorn vor mir. 
Schneeweiss ist auch das Blatt, das am Anfang eines jeden Tages 
vor mir liegt. 
Wie ich es beschreibe, bemale, verziere, beklebe, das liegt an mir.


Montag, 7. Januar 2013

Fliegen und Stampfen...




ich fliege
ich tanze
ich stehe
ich stampfe

ich atme

bin
laut
und leise
wild
und scheu

lache
in die Tränen
seufze
in die Freude

schliesse
die Augen
öffne
mein Herz

ich bin