Wie schön: Eine Freundin von mir sucht gerade
Rat bei mir bezüglich Mann. Da lernt sie einen kennen, völlig lockerflockig,
natürlich übers Netz, genauer über Facebook. Er hat sich bei ihr gemeldet, sie haben sich dann mal gesehen, als es grade so ging. Er hatte eine
Lesung, sie war Zuhörerin. Zu ein paar persönlichen
Worten ist es nach der Lesung gekommen. Sie war glücklich, weil es eine gute
Begegnung war. Dann wieder Kontakt übers Netz und dann wieder Pause und dann, eines Tages, reicht es doch tatsächlich für einen Chat. Jetzt, so
scheint es mir, ist sie gerade sehr glücklich. Dass es einen
solchen Menschen überhaupt gibt! Oh Wunder, oh Wunder. Ja, es geschehen noch
Zeichen und Wunder.
Ich muss ja zugeben, ich wollte ihr diesen Mann
anfangs ausreden. Er ist ziemlich bekannt, sieht echt gut aus, jedenfalls so,
dass man als Frau leicht auf ihn abfährt. Er hat einfach so etwas an sich das gefällt.
Ja, und da dachte ich mir, oh nein, bitte nicht. Nicht der! Aber was will man.
Sie hat sich den ausgesucht, das ist ihre Sache und ihr gutes Recht. Heute
Mittag dann eben die E-Mail: Was soll ich? Soll ich ihn fragen, ob er in einer
Beziehung ist oder nicht? Ich muss das doch wissen!
Weshalb eigentlich? Habe ich zurückgefragt,
obschon ich sagen muss: Verstehen tu’ ich sie schon. Natürlich will man das
wissen. Aber die Frage, weshalb, ist berechtigt. Weshalb eigentlich? Denkst du,
er gehört dir dann auf sicher? Du kannst ihn dreiunddreissig Mal heiraten, er
wird dir noch immer nicht gehören. Wenn man so berührt und begeistert ist von
einem Menschen, dann möchte man ihn festhalten, am liebsten für immer behalten,
zumindest anhalten, zu sich nehmen und drücken und nie mehr loslassen. Ein Mann
ist aber kein Teddybär, auch kein Auto. Einen Menschen kann man nicht besitzen,
er gehört sich selbst.
Aber man kann ihn lieben. Man kann sich
freuen, wenn man ihn sieht. Man kann ihn beobachten und genau betrachten, ihm
zuhören, nachfragen, ihm von sich erzählen, man kann für ihn kochen, ihn
überraschen – man kann ihn respektieren und über das Wunder staunen, das er
ist... man kann ganz vieles. Und so oft wollen wir nur eines: Ihn besitzen. Das
geben wir nicht unbedingt zu, aber im Grunde möchten wir das schon – zumindest
ich. Wenn ich mich frage, warum eigentlich, habe ich keine Antwort. Aber ich
spüre, dass da so etwas wie Angst im Nacken sitzt. Die Angst, dieses Glück
eines Tages nicht mehr zu haben, dass es mir davon fliegt oder vor mir flieht.
Die Liebe aber, sie will nicht besitzen. Sie
hält nicht fest, sie trauert nicht etwas nach, das vorbei ist. Aber sie lebt und
geniesst den Moment. So, als gäbe es kein Morgen. Wenn ich so bewusst und
intensiv lebe, habe ich fast gar keine Zeit, Angst zu haben. Weil ich eben so
mit dem Moment beschäftigt bin und damit, diesen auszukosten. Und wenn ich
jeden Moment auskoste, bin ich satt und zufrieden. Nicht zuletzt auch deshalb,
weil ich tief in meinem Herzen weiss, dass das Leben mich jeden Moment
beschenkt. Nicht immer so, wie ich es gerne hätte, aber es beschenkt mich. Davon
auszugehen, dass ich immer die richtigen Geschenke bekomme, hat für mich viel
mit Gottvertrauen zu tun und dem Wissen, dass ich behütet und begleitet bin.
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