Mittwoch, 18. Februar 2015

Vom Lieben und Auskosten oder vom Sehen, was da ist

Wie schön: Eine Freundin von mir sucht gerade Rat bei mir bezüglich Mann. Da lernt sie einen kennen, völlig lockerflockig, natürlich übers Netz, genauer über Facebook. Er hat sich bei ihr gemeldet, sie haben sich dann mal gesehen, als es grade so ging. Er hatte eine Lesung, sie war Zuhörerin. Zu ein paar persönlichen Worten ist es nach der Lesung gekommen. Sie war glücklich, weil es eine gute Begegnung war. Dann wieder Kontakt übers Netz und dann wieder Pause und dann, eines Tages, reicht es doch tatsächlich für einen Chat. Jetzt, so scheint es mir, ist sie gerade sehr glücklich. Dass es einen solchen Menschen überhaupt gibt! Oh Wunder, oh Wunder. Ja, es geschehen noch Zeichen und Wunder.

Ich muss ja zugeben, ich wollte ihr diesen Mann anfangs ausreden. Er ist ziemlich bekannt, sieht echt gut aus, jedenfalls so, dass man als Frau leicht auf ihn abfährt. Er hat einfach so etwas an sich das gefällt. Ja, und da dachte ich mir, oh nein, bitte nicht. Nicht der! Aber was will man. Sie hat sich den ausgesucht, das ist ihre Sache und ihr gutes Recht. Heute Mittag dann eben die E-Mail: Was soll ich? Soll ich ihn fragen, ob er in einer Beziehung ist oder nicht? Ich muss das doch wissen!

Weshalb eigentlich? Habe ich zurückgefragt, obschon ich sagen muss: Verstehen tu’ ich sie schon. Natürlich will man das wissen. Aber die Frage, weshalb, ist berechtigt. Weshalb eigentlich? Denkst du, er gehört dir dann auf sicher? Du kannst ihn dreiunddreissig Mal heiraten, er wird dir noch immer nicht gehören. Wenn man so berührt und begeistert ist von einem Menschen, dann möchte man ihn festhalten, am liebsten für immer behalten, zumindest anhalten, zu sich nehmen und drücken und nie mehr loslassen. Ein Mann ist aber kein Teddybär, auch kein Auto. Einen Menschen kann man nicht besitzen, er gehört sich selbst.

Aber man kann ihn lieben. Man kann sich freuen, wenn man ihn sieht. Man kann ihn beobachten und genau betrachten, ihm zuhören, nachfragen, ihm von sich erzählen, man kann für ihn kochen, ihn überraschen – man kann ihn respektieren und über das Wunder staunen, das er ist... man kann ganz vieles. Und so oft wollen wir nur eines: Ihn besitzen. Das geben wir nicht unbedingt zu, aber im Grunde möchten wir das schon – zumindest ich. Wenn ich mich frage, warum eigentlich, habe ich keine Antwort. Aber ich spüre, dass da so etwas wie Angst im Nacken sitzt. Die Angst, dieses Glück eines Tages nicht mehr zu haben, dass es mir davon fliegt oder vor mir flieht.

















Die Liebe aber, sie will nicht besitzen. Sie hält nicht fest, sie trauert nicht etwas nach, das vorbei ist. Aber sie lebt und geniesst den Moment. So, als gäbe es kein Morgen. Wenn ich so bewusst und intensiv lebe, habe ich fast gar keine Zeit, Angst zu haben. Weil ich eben so mit dem Moment beschäftigt bin und damit, diesen auszukosten. Und wenn ich jeden Moment auskoste, bin ich satt und zufrieden. Nicht zuletzt auch deshalb, weil ich tief in meinem Herzen weiss, dass das Leben mich jeden Moment beschenkt. Nicht immer so, wie ich es gerne hätte, aber es beschenkt mich. Davon auszugehen, dass ich immer die richtigen Geschenke bekomme, hat für mich viel mit Gottvertrauen zu tun und dem Wissen, dass ich behütet und begleitet bin.


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