Dienstag, 9. April 2013

Von Zürich, der Nummer 49 und unseren Landesvätern



Am 6. April 2013 reisten wir, ein paar Spiezerinnen und Spiezer, nach Zürich. Allesamt waren wir gwundrig auf das, was Zürich für uns parat haben würde. Und Zürich liess sich nicht lumpen. Natürlich hatten wir ein Programm, trotzdem: Zürich trumpfte auf! So, wie es sich für Zürich gehört. Zuerst mit einem Besuch bei Franz Hohler. Er holte uns, mit schwarzem Peret und braunem Jacket, im Bahnhof Oerlikon ab. Gemeinsam spazierten wir zu seinem Haus, einem wunderschönen Altbau, die Nummer 49 einer Strasse, deren Namen ich nicht kenne. Wer zu Franz Hohler geht, der interessiert sich auch nicht für den Namen der Strasse, an der er wohnt, sondern vielmehr, wie er wohnt. Das Haus ist, wie erwähnt, ein altes aus Backsteinen. Mit schönen Balkons und Türmchen und einem steilen Dach. Ganz oben, das zeigte uns Franz Hohler, als wir vor dem Haus standen, hat er seine Schreibstube. Da drin hätten wir alle, 31 an der Zahl, unmöglich Platz gefunden und deshalb waren wir eingeladen, im Erdgeschoss in einer Art Keller, Platz zu nehmen. Ich wäre natürlich gerne in seine Wohnung gegangen, denn wie ein Schriftsteller lebt, das interessiert mich natürlich. Obschon ich sagen muss, dass ich es grundsätzlich interessant finde, wie ein Mensch lebt, sei er nun Schriftsteller oder Zimmermann. Der Keller ist ein ziemlich quadratischer Raum, in dem es 31 Stühle hatte und einen Teil eines alten Klaviers. Seine Grosskinder würden gerne an den Seiten zupfen, deshalb habe er diesen Teil behalten, erzählte Franz Hohler und indem er es ihnen gleich tat, eröffnete er unsere gemeinsame Zeit. Er las ein paar Texte und wurde anschliessend von Bernhard Hauck, Philosoph und Präsident der VHSN, befragt. Wie es damals war, als sich Franz Hohler entschlossen habe, voll aufs Schreiben zu setzen. Woher er seine Ideen habe und was seine Wünsche wären, wenn er drei frei hätte. Seine Antworten haben mir gefallen. Es sei kein Entschluss gewesen, aufs Schreiben zu setzen, sondern ein Versuch. Die Ideen lägen in der Luft, im Alltag, in seinen Träumen – überall! Und seine Wünsche? Dass es ihm und seinen Lieben gut gehe, dass sie gesund und glücklich seien. Dabei zitierte er immer wieder Texte, sang sogar sein Chäslied vor, erzählte die Geschichte von der Made und als ein Handy klingelte nutzte er diesen Anlass, um eine passende Kurzgeschichte vorzulesen.



Natürlich waren die zwei Stunden im Hui vorbei und wir kehrten, glücklich, zufrieden und gut bestückt mit Franz-Hohler-Literatur, zurück in die Stadt.

Das Abendessen genossen wir im Restaurant Reithalle, einer wunderschönen Beiz, die ein herrliches Ambiente und beste Kost bietet.

A
uf dem Abendprogramm standen Tinu Heiniger, Max Lässer und das Überlandorchester. Unplugged im ewz-Unterwerk Selnau. Tinu könnte ich stundenlang zuhören, seine Geschichten und Lieder sind Herzwärmer für mich, die in mir auf angenehme Art Heimatgefühle wecken und die mich zuversichtlich stimmen. Nicht, weil Tinu das Blaue vom Himmel singt, sondern weil er ehrlich ist und von der Sonne und vom Regen des Lebens erzählt. Natürlich war auch Max Lässer und sein Überlandorchester eine Freude. Die Energie, die von dieser Band ausging, hat mich beeindruckt. Vor allem weil diese Männer – jedenfalls der Handörgeler, der ja ziemlich prominent auf der Bühne sitzt - seelenruhig fetzige Lieder spielen.

Am Sonntagmorgen gab’s bei niedrigen Temperaturen und einer heftigen Biese einen Stadtrundgang mit Anekdoten und Geschichtlichem: Von Pestalozzi, der nicht mit Geld umgehen konnte, über Escher, der zur Finanzierung des Gotthards die Kreditanstalt gründete über die Maienkäferplage, bei der die ganze Bevölkerung zur Mithilfe aufgefordert wurde bis hin zu Casanova, der auch nach dreistündiger Beichte und gelobter Besserung nicht von Frauenzimmern lassen konnte über äusserst amüsante Lamentos darüber, weshalb Frauen unmöglich Fahrradfahren dürfen, geschweige denn Medizin studieren, weil damit die ganze Menschheit in Gefahr gebracht würde… Ja, die Zürcher! Sind gar nicht so weit weg von uns Bernern.


Und was ist mein Fazit aus dieser Kulturreise? Dass Zürich immer eine Reise wert ist; dass wir in Franz Hohler und Tinu Heiniger wunderbare „Landesväter“ haben und dass es gut tut, zwischendurch etwas andere Luft zu schnuppern, damit den Horizont zu erweitern, um schliesslich festzustellen: Im Kern sind wir Menschen Menschen. Allesamt aus Sternenstaub und enger miteinander verbunden, als uns manchmal lieb ist.



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