Sonntag, 8. Januar 2012

Liebe ist...


Spannend! 
Sie wird sehr unterschiedlich verstanden, empfunden und gelebt. Da sagt einer, gegenseitige Abhängigkeit ist eine gute Basis für die Liebe. Unabhängigkeit ist Egoismus. Eine andere sagt, Abhängigkeit ist Gift für die Liebe, Unabhängigkeit fördert die Liebe. Weil dahinter die Idee steckt: Ich brauche dich nicht, ich kann gut ohne dich leben. Aber ich will mit dir leben, weil es Spass macht mit dir, weil ich einfach ganz furchtbar gerne mit dir zusammen bin. Da sagt der, der auf Abhängigkeit setzt, entrüstet: Voilà, da haben wir ihn, den puren Egoismus. Es ist doch eine Unverschämtheit, wenn mir meine Partnerin sagt, dass sie mich nicht braucht. Wenn dem tatsächlich so ist, dann kann ich gehen, dann will ich auch gehen. Was soll ich in einer Beziehung, wenn ich nicht gebraucht werde?!

Wieder eine andere sagt, sei mutig und stehe zu deiner Bedürftigkeit. Echte Liebe braucht dieses Eingeständnis und macht es schliesslich möglich, dass man sich ineinander und aneinander verliert, was wiederum die Leidenschaft fördert.

Leidenschaft! Die hat ihren Reiz, alleine im Wort liegt auf eine seltsame, schon fast magische Art, ein Zauber oder zumindest eine Faszination. Aber mehr in der Idee, was sie sein könnte, zumindest in unserer Fantasie, als was sie tatsächlich ist. Leidenschaft. Da ist also das Leiden im Spiel, bzw. etwas, das Leiden schafft. Aus meiner Sicht schafft Bedürftigkeit Leiden. Wer bedürftig ist, der braucht, der hofft, der erwartet. Ist es ein Zeichen von Liebe, dass ich jemanden brauche? Liebe hat für mich in ihrem Kern etwas Bedingungsloses. Ich selber habe jedenfalls nicht unbedingt das Gefühl, geliebt zu sein, wenn jemand mir sagt, er brauche mich, er erwarte von mir Dieses und Jenes, er hoffe auf mich… Hingegen fühlt es sich unglaublich beglückend an, geliebt zu sein und dabei zu wissen, dass ich tun und lassen kann, wozu mein Herz mich führt. Das hat nichts mit Egoismus zu tun, sondern mit Ehrlichkeit. Ich bin ich. Ich kann und will nicht aus „Liebe“ zu jemandem mich selber verleugnen und Dinge tun, die mir absolut nicht entsprechen, die mir nicht liegen, nicht wichtig sind.

Deshalb fasziniert mich die Unabhängigkeit in der Liebe. Ich liebe jemanden, weil ich das will, weil dieser Mensch in meinen Augen grundsätzlich grossartig und wunderbar ist und weil es mir eine Freude ist, mit ihm Zeit zu verbringen. Weil ich diesen Menschen nicht brauche, kann er das tun, was ihm wichtig ist. Verlange ich nichts von ihm, gestehe ich ihm seine Eigenheiten zu. Und will ihn vor allem nicht besitzen und festhalten.

Ob das realistisch ist? Mir fällt es tatsächlich schwer, einen Menschen ziehen zu lassen, den ich liebe, der mir wertvoll ist. Aber mir ist bewusst, dass ich es mir nicht erlauben kann, einen Menschen festzuhalten und gleichzeitig zu behaupten, dass ich ihn liebe.

Was die Leidenschaft betrifft: Sie hat für mich viel mit Sehnsucht zu tun, damit, mich in einem Menschen zu verlieren, zu verschmelzen – und schliesslich anzukommen. Diese Sehnsucht ist mir sehr vertraut, holt mich immer wieder ein. Ich konnte sie bis heute nicht stillen. Ich denke auch nicht, dass sie zu stillen ist - ausser vielleicht für einen kurzen Moment. Weil sie eine Illusion ist, ein Traum. 

Ob es eine Alternative dazu gibt? Ich denke schon. Diese Alternative bedingt aber, dass ich die Liebe nicht klein mache oder eingrenze, dass ich aufhöre, sie zu verzaubern und sie damit alltagstauglich mache. Die Liebe ist ihrer Natur entsprechend allgegenwärtig. Sie will gesehen, gelebt werden. Liebe hat darum für mich mit Achtsamkeit zu tun, mit meiner Präsenz im Hier und Jetzt. 

Liebe hat auch damit zu tun, wie sehr ich mich für mich und das, was in mir brennt, engagiere. Dass mein inneres Feuer brennt, ist meine Verantwortung. Dieses Feuer zu hüten und zu pflegen, das hat viel mit Liebe zu tun – das ist Liebe.

Ich bin mir gewohnt, Alternativen zu haben, wählen zu können. Mir scheint, dass ich, bezüglich der Liebe, je länger, je weniger Alternativen habe. Weil nichts so wohltuend ist, wie die Liebe zu leben, will ich sie leben und mich damit von Träumen und Idealen verabschieden. Damit gebe ich mir die Möglichkeit, mich von der Liebe überraschen zu lassen. Es ist charakteristisch für die Liebe, so wie ich sie kennen gelernt habe, dass sie überrascht und meinen Träume und Sehnsüchten auf einzigartige Weise begegnet – und mich ankommen lässt, hier und jetzt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen